Wer sich erhofft hatte, die deutsche Sozialisten würden eine neue, vierte Amtstermin der amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel verhindern, wurde heute eines Besseren belehrt. Am heutigen Parteikongress in Bonn stimmten die 600 Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei Deutschland mit grosser Mehrheit der Fortsetzung der “Groko”, der Grossen Koalition, zu.
Die Wille zur Macht hat den Genossen in Deutschland diesen Entscheid sicher erleichtert. Regierungsteilnahme ist heutzutage in Europa für Sozialisten fast ein Luxus, stehen sie doch in Ländern wie England, Frankreich und in den Niederlanden tief im Abseits. Wenn man sie dann wie auf einem Teller angeboten kriegt, dann wäre es schon fast arrogant das Angebot abzulehnen. Merkel hatte auch keine Alternative mehr: nach der Absage der Liberalen FDP von Christian Lindner, die keine Lust hatten aufgerieben zu werden in einer sogenannten Jamaika-Koalition mit Grünen und CDU, standen nur noch zwei Optionen zur Verfügung: entweder Neuwahlen oder eben die Fortsetzung der hiesigen grossen Koalition.
Neuwahlen hätten wahrscheinlich vor allem der FDP und der AfD genützt: die FDP wäre dafür belohnt, dass sie den Rücken gerade gehalten hat, die AfD hätte profitiert vom weiteren offensichtlichen Versagen der Bundeskanzlerin. Es ist sogar fraglich, ob Angela Merkel nochmals hätte kandidieren können als Spitzenkandidatin der CDU: ihre Politik scheint am Ende, auch wenn innerhalb der CDU eventuelle Nachfolger nicht gerade zahlreich sind. Aber auch Helmut Kohl hatte nicht das ewige, politische Leben. Und für die CDU wäre ein Ende mit Schrecken vielleicht besser als ein Schrecken ohne Ende: Frau Merkel scheint nicht daran interessiert zu sein, einen Nachfolger aufzubauen, womit das Problem in vier Jahr immer noch auf dem Tisch liegen würde.
So wurde der Glücksfall Merkel zur Belastung für die CDU. Wo sie die Eurokrise ordentlich gemeistert hat, hat sie mit ihrer Flüchtlingspolitik völlig versagt. Die fehlende Integration der Flüchtlingen wird für die deutsche Gesellschaft eine grosse Kraftprobe, deren Ausgang man nicht mit all zu viel Zuversicht entgegenblicken kann. Die Wende in der Flüchtlingspolitik kommt zu spät: das Problem sind jetzt die Flüchtlinge, die schon in Deutschland sind. Die gehen nie mehr zurück, allerdings nicht frewillig. Und zwingen will man sie bekanntlich nicht.
Einen Trost hat Angela Merkel: zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg werden nicht länger die Vereinigte Staaten als führende Nation der Welt betrachtet. Diese Rolle hat jetzt Deutschland übernommen. Kein Wunder: die Welt mag Länder, von denen sie profitieren können ohne zu viel Gegenleistung.
Hans van der Liet ist Jurist im Finanzwesen und Publizist zu verschiedenen gesellschaftlichen Themen wie Sport, Politik und Religion.