Vor ein Paar Wochen war ich zum Essen eingeladen bei einem guten Freund von mir in Amsterdam. Er ist verheiratet mit einer Russin, sie wurde 1981 in Moskau geboren. Natürlich kamen wir zu sprechen über die Wahlen von Sonntag dem 18. Marz. Sie sagte: “Ich stehe unserem Präsidenten neutral gegenüber. Aber für die Generation meiner Eltern war er ein Geschenk vom Himmel. Er hat die Nation nach dem chaotischen Jeltsin-Ära wieder stabil gemacht.”
Es leidet kaum Zweifel, dass das russische Stimmvolk am nächsten Sonntag Vladimir Putin erneut zum Präsidenten wählen wird. Damit kommt er am Ende seiner neuen Amtszeit in eine aussergewöhnliche Position: keine Person lenkte nach 1855 die Geschicke Russlands länger als er, mit Ausnahme von Josef Stalin. Seit dem Jahr 2000 steht er an der Spitze des Staates, wovon vier Jahre formell als Ministerpäsident unter Präsident Medvedev. Wer während dessen Präsidentschaft wirklich das Sagen hatte im Kreml, lässt sich raten.
Jeltsin war am Anfang dieses Jahrhunderts unberechenbar geworden. Ein guter Grund für die Hintermänner eine andere Figur nach vorne zu schieben: ein zuverlässiger, ehemaliger Oberst bei der KGB, dem damaligen Geheimdienst der USSR. Sprachgewandt, er spricht fliessend Deutsch, und mehrmals ausgezeichneter Judokämpfer. Er gelang nach den Wahlen im Jahr 2000 an der Spitze eines Staates der damals vor allem bedroht wurde von Extremisten aus Tschetschenien. Die liessen keinen Zweifel darüber bestehen, dass sie bereit waren durch brutalen Gewalt ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Im Jahr 2002 geiselten sie die Besuchers eines Musicals in Moskau, im Jahr 2004 eine ganze Schule in Beslan. Putin schlug zurück mit grausamer aber konsequenter Härte: in beiden Fällen kam kein einziger Geiselnehmer mit dem Leben davon.
Genau so entschlossen reagierte er als Präsident Assad von Syrien, ein langjähriger und treuer Verbündeter, ab 2011 von Rebellen in die Enge getrieben wurde. Mit grosser Unterstützung Putins gelang es Assad seine Gegner niederzukämpfen, während die westliche Mächte mal gegen, mal für die Rebellen optierten, vor allem aber unter sich hoffnungslos verteilt waren.
Eine weitere Kraftprobe war die Absetzung von Präsident Janoekovitsj von der Ukraine im Jahr 2014. Ein roter Faden im Sicherheitsdispositiv Russlands ist, dass es im Süden und im Osten Häfen braucht die auch im Winter zur Verfügung stehen. Diese Tatsache macht den Krim für Russland zum notwendigen, ersten Lebensbedürfnis. Die nach der Annektierung durch Russland vom Westen beschlossene Sanktionen nimmt man im Kreml billigend im Kauf: das russische Volk hat weit schwerere Entbehrungen durchstanden, als dass es im Winter keine Bananen essen kann.
Rückblickend sieht die grosse Masse des russischen Volkes in Putin einen Mann, der die Interessen Russlands immer und mit rücksichtsloser Konsequenz an erste Stelle setzt. Jede andere Wahl als für ihn wäre wie ein Sprung ins Unbekannte.